Blog 06.05.2024

Der Award im Kinder- und Jugendheim St. Kilian Walldürn

Ein Text von den Award Leadern Christoph Künzig (Sonderschullehrer; sstellvertretender Bereichsleiter der Schule) und Matthias Schubert, (Sozialpädagoge; Mitarbeiter einer intensivpädagogischen Wohngruppe)

In St. Kilian ist inzwischen die Bezeichnung „Duke“ als Abkürzung für den „Duke of Edinburgh´s International Award“ ein gängiger und bekannter Begriff geworden. Wir möchten unsere Einrichtung kurz vorstellen und über die Erfahrungen, die wir mit dem Programm gemacht haben, berichten. Der Schwerpunkt dieses Artikels liegt in der Umsetzung des Programms in einer Einrichtung der Jugendhilfe.

 

Wie sieht die Struktur eures Kinder- und Jugendheim aus?

Das Erzbischöfliche Kinder- und Jugendheim St. Kilian Walldürn hat ein großes Spektrum an Jugendhilfeangeboten an mehreren Standorten. Das Programm wird derzeit in der Stammeinrichtung in Walldürn angeboten. Hier befinden sich 6 vollstationäre Wohngruppen, davon eine intensivpädagogische Gruppe, eine ausgelagerte Wohngruppe sowie eine Tagesgruppe. An die Einrichtung angegliedert ist die Nardini-Schule, ein sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung (ESENT). In diese Schule geht ein Teil der in St. Kilian lebenden Kinder und Jugendliche.

Wer ist eure Zielgruppe?

Die uns anvertrauten jungen Menschen befinden sich in Lebenssituationen, die sie nicht mehr alleine bewältigen können. Während die Kinder und Jugendlichen der Tagesgruppe weiterhin in der Familie verbleiben, können die jungen Menschen des stationären Bereiches aus verschiedenen Gründen zumindest vorübergehend nicht mehr in ihrer eigenen Familie leben. In unterschiedlichen Hilfsformen unterstützen wir Kinder und Jugendliche in deren aktuellen Lebenssituation. Die Lebenssituationen sind u.a. geprägt von psychosozialen Belastungen, die Entwicklungsdefizite und Verhaltensprobleme zur Folge haben. Dafür ist es notwendig, gemeinsam mit den Familien die Fähigkeiten und Fertigkeiten der jungen Menschen zu fördern und mit ihnen Lebensperspektiven zu entwickeln. Unsere Arbeit findet sich gut in unserem Leitspruch wieder: Leben, Lernen – Leben lernen.

Auf der Basis der Kompetenzorientierung finden strukturierte Hilfeprozesse statt. Möglichst günstige Entwicklungsbedingungen sind hierfür eine Voraussetzung. Mit Blick auf die Förderung von Kompetenzen der jungen Menschen ist der „Duke“ über die Jahre ein wichtiges und prägendes Element in unserer Einrichtung geworden.

Wie habt ihr den Duke Award integriert?

In St. Kilian kann jeder junge Mensch ab 13 Jahren am „Duke“ teilnehmen. In jeder Wohngruppe, in der Tagesgruppe und in der Schule gibt es „Duke-Beauftragte“. Diese Mitarbeitenden absolvieren den Programmlehrgang und haben u.a. die Aufgabe, die jungen Menschen über die Grundzüge des Programms und die Möglichkeit der Teilnahme zu informieren. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit den jeweils zuständigen pädagogischen Mitarbeitenden der Gruppen und der Schule. Im Zuge der Regelkommunikation werden die Personensorgeberechtigten ebenfalls über das Programm und die Möglichkeit der Teilnahme informiert. Ziel dabei ist es die Personensorgeberechtigen so intensiv wie möglich miteinzubinden.

Wie ist der genaue Ablauf?

Darüber hinaus hängen in jeder Gruppe und in der Schule Informationsplakate über den „Duke“ aus. In der Regel findet zwischen Schuljahresbeginn und Herbstferien eine zentrale Informationsveranstaltung für potentiell neue Teilnehmer statt. Hierbei wirken aktive „Duke“ Teilnehmende mit. Die Programmleitung informiert differenziert u.a. unter Einbeziehung von Videos und Bildern. Die aktiven Teilnehmer und Teilnehmerinnen beschreiben zudem ihre Aktivitäten und Erfahrungen und gehen zusammen mit den Award Leadern auf Fragen ein. Die Teilnahme erfolgt gemäß dem Anmeldeformular des Trägervereins. Neben dem Eintrag ins Online-Record-Book bekommt jeder teilnehmende junge Mensch eine verkürzte Zusammenstellung des Record-Books in Papierform von der Einrichtungsleitung überreicht. Ein Bild davon erscheint in der Heimzeitung „Menschenskinder“. In der Heimzeitung und im Newsletter gibt es eine feste Rubrik „Neues vom Duke“. Hier gibt es auch regelmäßig Artikel der Teilnehmenden über ihre Aktivitäten und Erfahrungen mit dem „Duke“. Im Heim als auch in der Schule gibt es ein breites Spektrum an AGs und anderen Aktivitäten, die im Rahmen des „Dukes“ genutzt werden können. Besonders ist sicherlich das Sozialprojekt der Schule, bei dem die Teilnehmer einmal wöchentlich alte Menschen im Haus, Garten und bei Besorgungen unterstützen sowie die Teilnahme einiger Jugendlichen an Workshops beim Caritas Jugendforum. Zudem ist das Programm in Sportvereinen, DRK, Feuerwehr,etc. bekannt. In St. Kilian wird jeder neue Mitarbeiter und jede neue Mitarbeiterin im Zuge der Einarbeitungsphase über den „Duke“ informiert.

Wie geht ihr die Expeditionen an?

Der Programmteil Expedition wird seit 2013 zusammen mit unserer Anbieterstelle, der Konrad-von Dürn-Realschule geplant und durchgeführt. Das erste Treffen aller Teilnehmenden erfolgt i.d.R. nach den Herbstferien. In jeder Expeditionsgruppe sind Teilnehmer aus St. Kilian und der Realschule. Die Expeditionsausbildung erfolgt in geblockter Form als AG mit allen Teilnehmern als Vorbereitung für die Expeditionen im Juni/Juli.

Wie schaut die Award Verleihung aus?

Als Besonderheit bekommen die Teilnehmenden von St. Kilian generell bei allen erfolgreich absolviertem Programmteilen ein Einzelzertifikat. Diese werden zu bestimmten Anlässen der Hausgemeinschaft oder auch beim jährlichen Sommerfest (Kiliansfest) übergeben. In diesem Rahmen werden auch die offiziellen Urkunden überreicht. Eine große Ehre und ein einmaliges Erlebnis war die Teilnahme an der Verleihfeier in Berlin 2023 im Rahmen des Royal Visit durch HRH Prinz Edward. Die Einzelzertifikate sind der Tatsache geschuldet, dass nicht alle Teilnehmenden alle Programmteile erfolgreich abschließen können. So erhalten sie dennoch Anerkennung für die erbrachten Leistungen.

 

Welche Herausforderungen habt ihr?

Die Erfahrungen haben gezeigt, dass der Programmgrundsatz „Marathon – kein Sprint“ für unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer wichtig ist. Sie benötigen mehr Zeit, zudem ist es meist nicht sinnvoll, mit allen Aktivitäten gleichzeitig zu beginnen, um eine Überforderung zu vermeiden. Es kommt aber immer wieder zu Verzögerungen oder auch zu Abbrüchen. Ein Problem ist auch die Zeit, die die Kids, insbesondere in den stationären Wohngruppen, überhaupt in St. Kilian verbleiben. Die Maßnahmen enden regelhaft nach 2-3 Jahren. Auch die Nardini-Schule hat die Zielsetzung einer Rückführung ins Regelsystem. Somit bleibt vielen jungen Menschen gar nicht die Zeit, das komplette Programm zu beenden. Daher haben wir mit dem Trägerverein den Einstieg in das Programm ab 13 Jahren vereinbart. So können wir mehr jungen Menschen das Angebot einer Teilnahme machen. Einige der teilnehmenden jungen Menschen benötigen eine engere Führung und intensivere Begleitung. Krisen wirken sich schnell auf die Motivation und das Durchhaltevermögen aus.

Was ist euer abschließendes Resümee?

Trotz anderer Rahmenbedingungen und evtl. auch größeren Stolpersteinen, die wir im Vergleich zu anderen Einrichtungen haben, sehen wir den „Duke Award“ als sehr wertvollen Beitrag zu einer positiven Gesamtentwicklung der jungen Menschen an. Das Programm fördert die sozialen Kompetenzen, trägt zur Entwicklung eines positiven Selbstbildes und zur Selbständigkeit bei. Egal, ob ein Teilnehmer das gesamte Programm absolvieren kann oder nicht, sind wir der Meinung, dass alle Erlebnisse und Erfahrungen gemäße dem Leitspruch „Du kannst mehr als du glaubst“ prägend sind. Das Programm hat sich als wichtiger Bestandteil des pädagogischen Gesamtkonzepts von St. Kilians etabliert.

 

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