Blog 12.03.2024

Der Award an der Hochschule

Kooperation mit dem Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik und Bildungsforschung der Ludwig-Maximilian-Universität in München

Interview mit Dr. Elena Gaertner 

Welche Rolle hast Du an Deiner Universität und welche Besonderheiten zeichnen den Lehrstuhl aus?

Ich bin akademische Rätin am Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik und Bildungsforschung an der LMU in München. Ein großer Teil meiner Arbeit besteht aus Lehre und Prüfungen von Lehramtsstudierenden. Unser Lehrstuhl beschäftigt sich vor allem mit Weiterbildungsforschung jenseits der Schule, meine Aufgabe ist jedoch genuin die Lehrerbildung, deren Ressourcen jedoch meist knapp bemessen sind.

Wie kam es zur Kooperation mit dem Award? Was hast du dir davon erhofft?

Eine Mitarbeiterin des Awards ist an mich herangetreten. Das Konzept klang spannend und passt sehr gut in meinen Interessensbereich. Lehramtsstudierende beschweren sich oft, dass die Uni zu wenig Praxisbezug hat und man nichts „konkretes“ für die Schule mitnehmen kann. Außerdem teile ich die Kritik am System, dass Schule und auch Universität oftmals keine persönliche individuelle Relevanz haben. Die Schüler:innen und auch die Studierenden werden nicht als Individuen mit eigenen Stärken und Schwächen wahrgenommen, sondern als zu verwaltende Nummern. Mit dem Seminar zum Duke Award sehe ich die Möglichkeit genau diesen Schwächen entgegen zu treten. Einerseits den Studierenden mit der Award Leader Ausbildung etwas Praktisches mitzugeben, andererseits als Teilnehmende des Awards persönlich bedeutsame Ziele zu stecken und diese -im Idealfall- zu erreichen.
Außerdem war es mir wichtig mit einer Organisation zusammen zu arbeiten, die ein lang etabliertes und nachgewiesen wirksames Konzept anbietet, das realistisch an Schulen umgesetzt wird und werden kann.

Kannst Du uns skizzieren, wie der Award an Deinem Lehrstuhl eingesetzt wird?

Konkret setzen wir den Award in fünf Bereichen ein: Der Kern ist ein 3-ECTS Seminar, das erstmalig im WiSe 23/24 zweimal die Woche für jeweils 20 Studierende stattfand. Gemeinsam mit Valerie Zu Rhein vom Duke Award, habe ich ein spannendes Seminar konzipiert, dass von den Studierenden durch Referate aktiv mitgestaltet wurde. Durch den Kurs, der alle Ausbildungsteile des Duke Award beinhaltet, konnten so alle regelmäßig teilnehmenden Studierenden die Qualifizierung als Award Leader erhalten. Sollten sie an einer der 150 Schulen in Deutschland eingesetzt werden, welche das Programm aktuell anbieten, haben sie einen guten Einstieg und können gleich bei der Programmumsetzung unterstützen. Alternativ kennen sie jetzt dieses formale Bildungsinstrument und können es an ihrer zukünftigen Schule bei Bedarf etablieren.

Drittens haben wir den Studierenden angeboten, dass sie ihre Erfahrungen durch die eigene Teilnahme am Award ergänzen können. Da geht es konkret um den Bronze Award, der ein halbes Jahr dauert. Dafür haben wir einen Jahreskalender erarbeitet und passende Gebiete für die Expedition bestimmt. Das Mentoring für die Teilbereiche Engagement, Fitness und Talent, ist durch die App sehr leicht. Da setzen Teilnehmende sich konkrete Ziele und loggen jede Woche ihre Aktivitäten, z.B. joggen gehen, um das Ziel zu erreichen den nächsten Halbmarathon in München in unter 4 Stunden zu meistern. Durch das Online Record Book (App) habe ich alles im Blick.

Außerdem haben sich aus dem Seminar verschiedene Anknüpfungspunkte für Forschungsthemen ergeben. So haben wir eine Studentin, die jetzt eine Bachelorarbeit über Persönlichkeitsentwicklung an bayerischen Schulen mit dem Award schreibt, und wir werden in der Zeitschrift e&l noch zum Best-Practice Austausch über das Seminar berichten.

Schlussendlich haben wir noch eine besondere Prüfungsleistung angesetzt, getreu dem Motto „Du kannst mehr, als du glaubst“. Die Studierenden sollten eine selbstgewählte Frage aus den Inhalten des Seminars ableiten und dann sowohl persönlich begründen aber auch inhaltlich fachlich fundiert beantworten. Das besondere war, die Ausgestaltung der Antwort durfte jede Ausdrucksform annehmen, Kreativität wurde extra belohnt, so hat sich ein regelrechter bunter Strauß an Prüfungsfragen und deren Beantwortung ergeben. So hatten wir Studierende, die ein Gedicht geschrieben und vorgetragen haben, einen Podcast mit Schüler:innen aufgenommen, Plakate gestaltet und Videos gedreht haben. Es hat mich überrascht wie vielfältig kreativ diese Aufgabe angenommen wurde.

Worum ging es konkret in dem Seminar? Habt ihr ein halbes Jahr nur über den Award gesprochen?

Nur ist leicht gesagt. Die historischen Hintergründe, die Wirkung und Wirkweise, die Umsetzung, die Expedition und der Zusammenhang mit Umweltschutz, das Mentoring, und Kinderschutz, und die veränderte Lehrerrolle haben uns ganz schön beschäftigt. Wenn man sich wirklich mit dem Award auseinandersetzt, kann man kinderleicht ein halbes Jahr darüber referieren und diskutieren. Gerade immer wieder die wissenschaftliche Basis der einzelnen Programmpunkte und Versprechen des Awards zu prüfen, kann sehr lohnend und spannend sein.

Neben der Rolle des Awards aus Sicht der Lehrkräfte haben wir aber die Studierenden auch als Award Teilnehmende adressiert und SMARTE selbstgesteckte Ziele definieren lassen und prüfen.

Zusätzlich haben wir uns mit aus dem Award inspirierten Themen wie gute Schule, eigene Persönlichkeitsentwicklung, Belastung und Beanspruchung im Lehreralltag, sowie Innovationen an Schulen und Führung auseinandergesetzt. Das Angebot des Awards war dafür eine gute Wertefolie und kann als good practice dienen, um Schulentwicklung voranzutreiben und zu hinterfragen.

Was waren Herausforderungen im Seminar? Was wirst du zukünftig anders machen?

Die Zielgruppe Lehramtsstudierende ist natürlich mit den unterschiedlichen Schularten und Fächern sehr divers. Da haben wir grade im Grundschulbereich eine gewisse Ablehnung wahrgenommen, sich mit einem Bildungsangebot auseinander zu setzen, dass 14–24-Jährige adressiert. Der Transfer ist dennoch bei einigen gelungen, was uns die Reflexionsaufgabe gezeigt hat. Eine Studentin hat den Award in seinen Kernelementen und Ansprüchen auf die Grundschule übertragen und für dieses Szenario adaptiert. Das hat gezeigt, dass auch wenn man nicht die unmittelbare Zielgruppe unterrichtet die Auseinandersetzung mit so einem wohl durchdachten non-formalen Bildungsangebot durchaus zu Innovation und Umdenken für die eigene Schulart führen kann.

Dementsprechend würde ich in Zukunft im Vorhinein besser und transparenter die Zielgruppe und die Inhalte des Seminars kommunizieren. Jetzt habe ich auch mehr Erfahrung mit der neuen Prüfungsform, das könnte ich in einer erneuten Durchführung selbstbewusster ankündigen.

Was lief so gut, dass du es jederzeit wieder machen würdest?

Es war zwar ein langer Weg, aber mir hat der Input mit der SMART-Methode am besten gefallen. Das mussten wir mehrfach wiederholen bis alle wirklich SMARTE Ziele formuliert hatten, aber das hat sich gelohnt. Die Idee der Methode ist es, sich selbst Ziele zu setzen, die möglichst spezifisch, messbar, erreichbar, realistisch und zeitlich terminiert sind. So machen es die Teilnehmenden am Duke Award nämlich auch, wenn sie sich Ziele in den Bereichen Engagement, Fitness und Talent setzen.

Das haben wir adaptiert: Am Ende unseres Seminars haben wir uns ganz privat für die kommenden Wochen smarte Ziele gesetzt. Viele hatten etwas mit mentaler Gesundheit, Selbstregulation und lessons learned aus dem Seminar zu tun. Ich denke, da sieht man sehr gut, welchen Einfluss das Seminar hatte.

Des Weiteren würde ich die Prüfungsform beibehalten. Außerdem haben wir die Studierenden den Neo-FFI durchführen und selbstständig auswerten lassen – das ist ein etabliertes Messinstrument zur Persönlichkeit. Das hat bei einigen erstaunliche Reflexionsprozesse in Gang gesetzt, weshalb ich solche Selbsttests evtl. noch systematischer mit einfließen lassen würde.

Wie sieht Dein Resümee nach dem Semester aus?

Ich freue mich auf das nächste Wintersemester – das Seminar werde ich jetzt häufiger anbieten. Der Versuchsballon war erfolgreich, die Zusammenarbeit mit Valerie und dem Award hat sich gelohnt, d.h. die Öffnung der Universität auch an außenstehende Partner war hier sehr erfolgreich. Danke für die Inspiration!

 

©LMU

Dr. Elena Gaertner ist akademische Rätin am Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik und Bildungsforschung an der LMU in München. Nach ihrem 1. Staatsexamen im Bereich Lehramt Gymnasium Anglistik und Geschichte, und einem Master an der University of Kent, promovierte sie an der LMU zu Lehrergesundheit und Klassenführung. Zu Ihren zahlreichen Engagements zählt die Tätigkeit als Frauenbeauftragte der Fakultät 11 und die Leitung des Münchner Tutorenprogramms.

 

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