Gesellschaftliche Herausforderungen
Viele junge Menschen in Deutschland entfalten ihr Potenzial nicht optimal. Fehlende Förderung in Familie, Kindergarten und Schule führt zu Verhaltensauffälligkeiten, Resignation, Schuldistanz oder psychischen Erkrankungen. Sie verlassen die Schule ohne oder nur mit einem niedrigen Abschluss und ohne Zukunftsperspektive.
Mit der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention 1992 hat sich Deutschland verpflichtet, die bestmögliche Entwicklung junger Menschen zu gewährleisten. Dieses Recht wird verletzt. Zudem erfüllt Deutschland die UN-Nachhaltigkeitsziele nicht ausreichend, insbesondere Nr. 3 (Gesundheit und Wohlergehen), Nr. 4 (hochwertige Bildung), Nr. 8 (menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum) und Nr. 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz).
Bis zu 20% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland leiden unter psychischen Störungen wie Angststörungen, hyperkinetischem Syndrom, Lernstörungen, Depressionen, Suchterkrankungen und Essstörungen. Diese unbehandelten Probleme wirken oft bis ins Erwachsenenalter nach, wo die Prävalenz auf 25% ansteigt, was psychische Störungen zu einer der größten Herausforderungen im Gesundheitsbereich macht. Der wichtigste Risikofaktor für psychische Erkrankungen bei jungen Menschen ist der sozioökonomische Status (SES): Kinder aus sozial schwachen Familien sind stärker gefährdet. (Dts. Zentrum für psy. Gesundheit 2024)
Die Ergebnisse der Meta-Studie von Färber & Rosendahl (2018) zeigen einen signifikanten Zusammenhang zwischen Resilienz und psychischer Gesundheit. Resilienz wurde u.a. mit den folgenden Kompetenzen definiert: Selbstvertrauen, Ausdauer, Anpassungsfähigkeit, Toleranz, flexible Sicht auf sich selbst und den eigenen Lebensweg.
Die Prävalenz von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen beträgt 15,4 % und für Adipositas 5,9 %. Kinder und Jugendliche mit niedrigem SES sind häufiger betroffen als jene mit hohem SES (RKI 2018). Übergewichtige und adipöse Kinder haben häufiger Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie erhöhten Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen und Störungen des Glukosestoffwechsels (Friedemann 2012). Ein hoher BMI im Kindes- und Jugendalter ist mit einem höheren Risiko für Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Erwachsenenalter verbunden (Llewellyn 2016). Zudem führt Übergewicht zu einer geringeren Lebensqualität und einem höheren Risiko für Mobbing (Puhl 2013).
Lediglich 22,4 % der Mädchen und 29,4 % der Jungen im Alter von 3 bis 17 Jahren sind täglich mindestens 60 Minuten körperlich aktiv und erfüllen damit die Bewegungsempfehlung der WHO (RKI 2018). Geringe körperliche Aktivität wird häufiger bei weiblichen Jugendlichen und Kindern aus Familien mit niedrigem SES festgestellt. Unzureichende körperliche Aktivität trägt in Deutschland erheblich zu Todesfällen durch koronare Herzkrankheit (12,3 %), Schlaganfall (7,6 %), Diabetes mellitus (3,1 %), Darmkrebs (3,4 %) und Brustkrebs (1,8 %) bei (Global Burden of Disease Study 2016). Zudem gibt es einen Zusammenhang zwischen Schulsport, Freizeitaktivität und einem geringeren Risiko für psychische Erkrankungen (White 2017). Förderung von Bewegung im Kindes- und Jugendalter kann Adipositas, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung vorbeugen, gesunde Entwicklung, bessere kognitive und schulische Leistungen sowie gesteigertes Bewegungsverhalten im Erwachsenenalter fördern (Lee 2013; Rauner 2015; Britto 2017; Ng 2017).
Der Zugang zu hochwertiger Bildung und damit der Bildungserfolg sind in Deutschland weiterhin abhängig von der sozialen Herkunft.
Dies drückt sich in einem niedrigen Bildungsstand der Eltern, Erwerbslosigkeit der Eltern und eine Armutsgefährdung des Haushalts aus. Die hohe Abhängigkeit von der sozialen Herkunft zeigt sich längerfristig auch bei den erreichten Abschlüssen: So erreichen bei den 20-Jährigen 79 % der Kinder aus Familien mit hohem sozioökonomischen Status die Hochschulreife, aber nur 31 % der Kinder aus Elternhäusern mit einem niedrigen sozioökonomischen Status.
Insbesondere in Familien mit Migrationshintergrund liegt die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens einer der Risikofaktoren gegeben ist, bei 48% (ohne Migrationshintergrund 16%). Außerdem haben Menschen mit einem Migrationshintergrund, die mit 19 Jahren oder später zugezogen sind, viel häufiger keinen beruflichen Abschluss oder keine Hochschulreife (32 %) als Menschen ohne Migrationshintergrund (8 %).
Von großer Bedeutung ist auch das Stadt-Land-Gefälle: In Großstädten ist der Anteil der 30- bis 35-Jährigen mit einem Hochschulabschluss mit 49 % deutlich höher als z. B. in den überwiegend ostdeutschen Landkreisen und kreisfreien Städten mit 17 %. (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, Bildung in Deutschland 2022)
Die Zahl an Arbeitslosen in Deutschland lag im vergangenen Jahr bei 2,6 Mil Menschen (2023). Diese ist dynamisch zu betrachten: innerhalb des Jahres 2023 haben sich 2,2 Mil Menschen neu arbeitslos gemeldet und 1,7 Mil Menschen eine neue Beschäftigung aufgenommen. Dies spielt zusammen mit einem Fachkräfte Engpass in über 200 Branchen in Deutschland. 50% der Arbeitslosen suchen jedoch Berufe auf Helferbasis und haben keine Qualifikation als Fachkraft, wobei sich eben 80% der gemeldeten Stellen an Fachleute richten.
Dabei ist die Arbeitslosenquote von Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung (eine fehlende Ausbildung geht in der Regel einher mit der Suche nach einer Helfertätigkeit) mit 20,8% mehr als sechs Mal so hoch wie die von Personen mit einem beruflichen oder akademischen Abschluss (3,2 bzw. 2,5 %). (Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2024)
Laut der OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ aus dem Jahr 2023 stieg der Anteil der 25- bis 34-Jährigen ohne höheren Schulabschluss oder Berufsausbildung in Deutschland von 13 auf 16 % (234.700 junge Erwachsene) innerhalb des Zeitraums 2015-2022. Die Zahl der 18- bis 24-Jährigen, die sich weder in Beschäftigung noch in Ausbildung befinden, liegt bei 8,6% (527.000 junge Erwachsene). Die Zahl der Menschen, die eine weiterführende Schule besucht und anschließend einen Berufsabschluss erlangt haben, sank im gleichen Zeitraum von 51% (2015) auf 38% (2022).
Mit Blick auf die Erwerbstätigenquote und Geschlechtergerechtigkeit ist auch hier ein Hebel zu erkennen: 80,2% der Männer in Deutschland arbeiten, sowie 73% der Frauen. Davon sind jedoch 67% der Mütter in Teilzeit und lediglich 9% der Männer. 40% der Frauen gaben an, dass sie aus persönlichen und familiären Gründen diese Entscheidung treffen mussten. (Statistisches Bundesamt 2023)
Eine mangelhaft ausgebaute Kita- und Kindergartenversorgung, teure Pflegeplätze für Angehörige, in Verbindung mit einem Mangel an Erzieher:innen und Pflegekräften, erschweren es vielen Familien eine Vollzeitbeschäftigung wieder aufzunehmen.
Durch menschliches Handeln gelangt vermehrt Kohlenstoffdioxid (CO2) in die Atmosphäre, was den natürlichen Treibhauseffekt verstärkt. So erwärmt sich die Erdoberfläche zusätzlich. Diese Erwärmung hat viele schwere Folgen, unteranderem Dürren, Hitzewellen, Extremwetterereignisse, Erwärmung der Meere, Steigen des Meeresspiegels, und Artensterben. Um diese Entwicklung zu stoppen müssen wir klimaneutral werden, damit die Erde sich nicht mehr als 1,5 Grad erhitzt. Dafür müssen CO2-Emissionen vermieden und reduziert werden.
Damit die Politik dies umsetzen kann, braucht es Bürger:innen, die diese Entscheidungen mittragen und die Natur als schützenswerte betrachten. Dabei ist das Erleben der Natur im Kindes- und Jugendalter absolut prägend für das naturbezogene Verhalten als Erwachsener (BPB 2022 & Gebhardt 2009). Außerdem fördern positive Naturerfahrungen in Kindheit und Jugend die Bereitschaft, sich später naturverträglich zu verhalten, Einschränkungen zum Schutz der Natur zu akzeptieren und/oder sich im Naturschutz zu engagieren (Rosa Collado 2019).
Auch hier zeigt sich der Einfluss der sozialen Herkunft: Studien, die vor allem in den USA durchgeführt wurden, belegen, dass Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen und einkommensschwachen Familien im Hinblick auf den Zugang zu Natur benachteiligt sind (BPB 2022).